Ressentiments korrekt intonieren – die AfD

Die Alternative für Deutschland (AfD) ist im Aufwind – wirbelnd bewegt von politischen Ängsten, Klagen und Wut unter den Bürgern und erhoben von einer honorigen, sich politisch korrekt gebenden Führung. Für die notwendige Balance zwischen diesen Polen sorgen Denkmuster und rhetorische Mittel, die wir näher erkunden wollen.

Einblicke in das Erfolgsrezept der AfD bietet der Artikel „Die Wut genießen“ von Matthias Geis (Zeit Nr. 47/2014), aus dem wir die nachfolgenden Erkenntnisse übermitteln. Wer die Erfolgsformel der AfD verstehen will, der muss ganz hoch hinauf, dahin, wo Ressentiment zu Ideologie destilliert wird. Und ganz tief hinunter, dahin, wo Zorn und Vorurteil grassieren.

Eben noch sah man in der AfD eine skurrile Anti-Euro-Partei, deren Führungsriege mit Professoren und Bildungsbürgern bestückt ist. Doch in den jüngsten Wahlkämpfen hat die AfD gezeigt, wie mühelos sie ein populistisches Vollprogramm präsentieren kann. Sie greift nach den linken und rechten Reizthemen, reitet auf reaktionären, nationalistischen und antiwestlichen Stimmungen, und packt doch alles in eine Hülle, der man nicht ansieht, was sich darin austobt.

Ihr Hauptangriffspunkt sind sogenannte Denkverbote. Wie Bernd Lucke, derzeitiger Chef der AfD, erläutert, gebe es „einen auf komische Weise zustande gekommenen Konsens, dass man sich mit bestimmten Meinungen nicht befasst, es gibt Denkverbote, Konventionen, gegen die man verstößt, wenn man bestimmte Inhalte sagt.“ Den Kampf gegen die Herrschaft der ‚Political Correctness‘ im Land hat sich die Partei auf die Fahnen geschrieben.

Wie geht Bernd Lucke mit solchen Reizthemen wie Europa, Islam und Flüchtlingen um? Bei seinen öffentlichen Auftritten wird jedes seiner Themen erst einmal politisch korrekt intoniert. Nie fehlt in Ansprachen, in denen er die EU auseinandernimmt, die proeuropäische Passage. Immer verteidigt er zuerst die Religionsfreiheit, bevor er einen „Radikalenerlass“ für muslimische Prediger fordert, die sich nicht ans Grundgesetz halten. Und wenn er von „humanitärer Verantwortung“ für bedrohte Menschen spricht, ist es nicht weit bis zu ihrer Abschiebung.

Beim Thema Migration beginnt Bernd Lucke stets mit ein paar konzilianten Sätzen zum kanadischen Modell gesteuerter Einwanderung. Dann leitet er zu den Flüchtlingen über, bei denen er es wichtig findet, „sehr genau zu unterscheiden, aus welchen Gründen sie in unser Land kommen“. Für „Wirtschaftsflüchtlinge“ aus Afrika hat er eine „klare und entschiedene Antwort“ parat: „Wir müssen die Menschen umgehend zurückschicken. Jedem, der sich auf diesen riskanten Seeweg begibt, muss klar sein, dass dieser Weg nicht zum Erfolg führt.“ Bei den Bürgerkriegsflüchtlingen, „diesen Menschen, denen unser ganzes Mitgefühl gilt“, stellt er die Frage: „Wo können sie am besten integriert werden, wo ihre Kultur und ihre Religion ausüben, ihre Sprache sprechen?“. Natürlich „wo derselbe Glaube geglaubt und dieselbe Rechtsstaatlichkeit ausgeübt wird“. Bernd Lucke plädiert für „heimatnahe Unterbringung“ und erntet stürmischen Applaus.

Worin sieht die AfD Ihre Chance? Einem Publikum, das sich von komplexen Entwicklungen wie der Finanzkrise, dem islamischen Terrorismus oder der globalen ‚Flüchtlingswelle‘ überfordert und bedroht fühlt, empfiehlt sich die AfD als „Partei des gesunden Menschenverstands“. Darin steckt nicht nur das Versprechen auf anstrengungslosen Durchblick für jedermann, sondern auch das auf entsprechend schnittige Lösungen.

Quelle der Erörterung und Zitate:
„Die Wut genießen“ von Matthias Geis. Die Zeit Nr. 47 v. 13.11.2014 [Zeit online v. 29.11.2014]

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